Hallenbaduniversität
November 2007

Zum Verhältnis von Erziehung, Sinnlichkeit und Politik

»Die materialistische Lehre von der Veränderung der Umstände und der Erziehung vergisst, dass die Umstände von den Menschen verändert und der Erzieher selbst erzogen werden muss. Sie muss daher die Gesellschaft in zwei Teile – von denen der eine über ihr erhaben ist – sondieren.
Das Zusammenfallen des Ändern[s] der Umstände und der menschlichen Tätigkeit oder Selbstveränderung kann nur als revolutionäre Praxis gefasst und rationell verstanden werden.«
Karl Marx, ›Thesen über Feuerbach‹ (MEW Bd. 3, S. 5 f.)

Dies ist die dritte These der insgesamt elf berühmten wie berüchtigten so genannten ›Thesen über Feuerbach‹, die Karl Marx im Frühjahr 1845, wahrscheinlich im April in Brüssel, als Ende-Zwanzigjähriger notiert hat. Die Thesen werden erst 1888, also fünf Jahre nach Marx’ Tod von dessen Freud und Genossen Friedrich Engels herausgegeben. Ihre breite Rezeption als kritische Theorie finden sie allerdings erst im zwanzigsten Jahrhundert, nicht zuletzt durch die Edition der Marxschen und Engelsschen Frühschriften Anfang der dreißiger Jahre, zu denen auch die ›Deutsche Ideologie‹ gehört, zu der – geschrieben um den Jahreswechsel 1845/1846 – die Marxschen Feuerbachthesen gleichsam eine Vorstudie bilden. Das heißt die Thesen wie die Frühschriften überhaupt entfalten ihre Wirkung zu einem Zeitpunkt, wo die »lange Nacht des Stalinismus«, wie Terry Eagleton sagt, bereits angebrochen war, in deren Dunkelheit jede Lebendigkeit der Marxschen Ideen erstickt, die revolutionäre Avantgarde vernichtet und das kommunistische Projekt vereitelt wurde. Das Potenzial einer materialistischen Ästhetik, deren Grundlagen Marx in seinen frühen Schriften entwickelt, wird schließlich erst über einhundert Jahre später, nämlich in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts in seiner emanzipatorischen und radikalen Bedeutung erschlossen.

Vollständiger Text kann angefordert werden.

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