Ohne große Herumeierei

»Eine Trauerweide bauscht sich kokett,
Ein Zweig bricht ab und wird von dem
Großen Strom mitgerissen
Er sagt mit nassen Augen: ›Hier hat der
liebe Gott hingeschissen.‹« – Almut Klotz (S. 7)

Eine Liebesgeschichte. Almut Klotz, 1962 geboren. Lassie Singers, Flittchen Records, Parole Trixie, Popchor Berlin etc. Klotz und Dabeler heiraten im Mai 2013. Am 15. August 2013 stirbt Almut Klotz-Dabler in Hamburg.

Eine Liebesgeschichte, jedoch nicht nur, nämlich, wie der hochgeschätzte Verlag ankündigt bzw. im Klappentext schreibt: »Zugleich aber ist ›Fotzenfenderschweine‹ eine Abrechnung mit der Indie-Pop-Szene und den alten und neuen Frauenrollen darin. Almut Klotz schreibt leidenschaftlich und mitreißend, offen und ohne Denkverbote.« – Na gut, »Denkverbot« alleine bitte schon für die Formulierung »ohne Denkverbote«, aber darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, dass Almut Klotz hier offenbar ein Stück Literatur hinterlassen hat, dass für die Beurteilung einer politisch-kulturellen Bewegung um die beziehungsweise kurz nach der Jahrtausendwende, für die zu recht so genannten Nuller, eine Lücke schließt und eben bisher fehlte.
Auch so, noch einmal Klappentext: »Almut Klotz hat mit ihrem Text eine genaue Beschreibung eines Künstlerlebens gegeben und eine wunderschöne Liebesgeschichte mit allen Höhen und Tiefen erzählt.« – Sie fängt an mit einem Gedicht, eine Art Sonette für ihre Liebe Rev. Christian Dabeler. Alles, was für sie wichtig ist, steht da.* Alles, was für die Welt wichtig ist, passiert dann im Bericht nebenbei. Und das heißt, mit anderen Worten, dass Almut Klotz hier gelingt – und das wahrscheinlich völlig unbeabsichtigt, nämlich unverkrampft-ungewollt –, woran die männliche, und dann doch allzumännliche Autorenschaft immer wieder scheitert (und auch wahrscheinlich scheitern muss, wegen der unpassend selbstgestrickten und selbstverstrickten Subjektförmigkeit oder besser: Subjektunförmigkeit, die eben nicht passt, zu groß ist oder zu klein: ›Otis‹, ›Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens‹ etc.). Das jedenfalls ist bereits der auf der Verlagsseite verlinkten Leseprobe zu entnehmen: bitteschön!
Der Rest folgt.
Scheißkrebs.

Almut Klotz, ›Fotzenfenderschweine‹, herausgegeben von Reverend Christian Dabeler und Aaron Klotz, mit einem Nachwort von Jörg Sundermeier, Verbrecher Verlag: Berlin 2016, 144 S. Hardcover m. Abb.

Anmerkung

* Zum Beispiel: »Das Konzert ging wohl ziemlich nach hinten los, blöde Leute, blöde Stimmung. Und dann sagt er: ›Dabei hat sogar Reverend Orgel gespielt.‹
Ich bin wie elektrisiert. Ich hatte ihn tatsächlich vergessen. Aber kaum ist der Name ausgesprochen, ist der Mann dazu so was von wieder da, es ist wie ein elektrischer Schock, der bis in die Fingerspitzen geht, und es besteht kein Zweifel: Ich muss sofort etwas unternehmen.« (S. 15)

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Almut Klotz, ›Fotzenfenderschweine‹, Verbrecher Verlag: Berlin 2016, 144 S. Hardcover m. Abb.