Transzendentale Akustik / Digitale Musik

LMB: Transzendentale Akustik 3
Mensch Maschine Computermusik

Was ist digitale Musik? Und was ist eigentlich »digital«?
Die nächste Ausgabe der ›Testcard‹ widmet sich dem Themenkomplex Digitalität / das Digitale / digitales Zeitalter / digitales Leben etc. pp. unter dem Titel: ›Bug Report – digital ist besser‹; das Heft bzw. Buch erscheint voraussichtlich im November. Zeit genug, um sich auch im Rahmen der Sendereihe ›Transzendentale Akustik‹ dem Themenkomplex zu widmen.
Was ist also »digital«? – Zunächst ein Fachbegriff, der nicht mehr als ein bestimmtes physikalisches Vermittlungsverhältnis bezeichnet, nämlich eines, das nicht analog ist. »Typisch für digitale Systeme ist die unstetige, ziffernmäßige Arbeitsweise. Typisch für analoge Systeme, ist die Tatsache, dass verschiedene Systeme durch dieselben mathematischen Gesetzte beschrieben werden … Digital ist eine Sonderform diskreter Arbeitsweise, synonym mit numerisch bzw. ziffernmäßig.« (Karl Steinbuch, ›Die informierte Gesellschaft‹, Reinbek b. Hbg. 1968, S. 151 f.) Es geht um Kalkulation und Kybernetik; die digitale Arbeitsmaschine ist der Rechenapparat, also der Computer. Es gibt freilich auch analoge Rechengeräte; entscheidend für die digitale Technik sind die Bauteile und ihre Funktionsweise, nämlich mikroelektronische Schaltkreise, Prozessoren mit enormer Rechenleistung, die die Fähigkeiten menschlicher Hand- und Kopfarbeit bei weitem überbieten.
Digitale Technik regelt und steuert im Hintergrund in Geschwindigkeiten Berechnungsprozesse, die nicht nachvollziehbar sind und sich dem Vorstellungsvermögen entziehen; das Digitale bleibt insofern weitgehend abstrakt. Überdies ist das Digitale ein soziales Verhältnis: ökonomisches, kommunikatives und kulturelles Handeln ist mehr und mehr von digitaler Technik abhängig. Das ist allgemein bekannt, auch wenn selten klar ist, was genau zum Beispiel beim Telefonieren oder Fernsehen nun »digital« ist und was nicht; alltagssprachlich ist die Bedeutung von »digital« (anders als im Übrigen »analog«) ohnehin überdehnt und einigermaßen unpräzise bzw. diffus: »digital« wird oft genug synonym mit »elektronisch« verwendet und gilt als allgemeine Kennzeichnung der Informations-, Medien- und Computertechnologie. Zweifellos: das Internet ist digital.
Was ist digitale Musik? Immer auch elektronische Musik. Aber was ist elektronische Musik?
Ist nicht jede Musik elektronische Musik, sofern an irgendeiner Stelle im Produktions- und Reproduktionsprozess der Musik elektronische Verfahren oder Geräte eingesetzt werden? Die Aufnahme eines klassischen Kammerkonzertes mit Originalinstrumenten mit gegenwärtig zur Verfügung stehender Technik machte diese Musik dann zur elektronischen Musik! Dann wäre auch jede über einen MP3-Player wiedergegebene Musik elektronische Musik.
Oder ist elektronische Musik erst dann elektronische Musik, wenn der Ersatz elektronischer Technik auch den Sound der Musik spezifisch verändert, also Töne zu hören sind, die – nach welchen Kriterien und Konventionen auch immer – irgendwie »elektronisch« klingen?
Damit wäre die elektronische Musik über die Instrumentaltechnik bestimmt: Musikalischer Einsatz von Synthesizern und ähnlichen Geräten. Und so ließe sich sagen: Musik ist Kunst, die elektronische oder digitale Technik allerdings ist außerkünstlerisch. Insofern kann auch negativ definiert werden: elektronische, mehr noch digitalelektronische Musik ist solche Musik, die gegenüber ihrer Produktions- und Reproduktionstechnik nicht gleichgültig, nicht indifferent bleibt.
Schließlich wäre zu fragen, ob denn nur die Musik elektronische – oder eben auch digitale – Musik ist, die in allen ihren Parametern, also auch Arrangement und Komposition von digitaler Elektronik durch und durch bestimmt ist.
Fragen über Fragen, mit denen wir uns in den nächsten Folgen der Sendereihe ›Transzendentale Akustik 3‹ beschäftigen wollen.

Drei Teile wird es geben:
In der Sendung am 13. September 2014 geht es um allgemein Medien (Was sind Medien? Stimmt es, dass Medien unser Verständnis von Wirklichkeit bestimmen? Sind Medien auch Wirklichkeit? Etc.).
In der Sendung am Sonntag, 9. November 2014, 17.00 bis 20.00 Uhr, geht es um Computertechnologie und ihre Raffinessen (die Sendung wird am Donnerstag, 13. November, morgens 9.00 bis 12.00 Uhr, wiederholt!).
In der Sendung am Samstag, 13. Dezember 2014, 20.00 bis 23.00 Uhr, geht es schließlich explizit um das Digitale und digitale Musik.

Die Sendungen werden musikalisch begleitet: elektronisch, digital … Aber: Was ist digitale Musik? Und was ist eigentlich »digital«?
Die Sendungen sind im FSK zu hören, zu den angegeben Samstagsterminen jeweils von 20.00 bis 23.00 Uhr. Änderungen vorbehalten.

(Lignas Music Box wird die magischen Kanäle für die nächste Zeit nur noch in eine Richtung befahren, dafür aber mit genügend dialektischem Treib- und Triebstoff, um soweit in die Vergangenheit vorzudringen, dass die Zukunft hörbar wird. Deshalb gibt es bis auf weiteres einmal im Monat theoretische Improvisationen zu einer transzendentalen Akustik.)

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