
Angst und Politik
… Klaus Ottomeyer, ›Angst und Politik. Sozialpsychologische Betrachtungen zum Umgang mit Bedrohungen‹, Psychosozial: Gießen 2022, 268 S. brosch. Vom Verlag / Klappentext: »Ob Anti-Atomkriegsbewegung in den 1980er Jahren, Corona-, Klima- oder Flüchtlingskrise etc. – alle verbindet eine Mobilisierung von Angst. Realistische Angst, jedoch auch neurotisch-paranoide Angst, unter deren Dominanz eine gefährliche Drift zu Autoritarismus, Machismo und cäsaristischen Bewegungen …

Kritik der Digitalität
1. – Die kulturelle Transformation, die Digitalität bedeuten soll, ist erst einmal eine gesellschaftliche Transformation.
2. – Geschichtsmaterialistisch ist diese Transformation als Produktivkraftentwicklung beschrieben worden.

Die Idee des Kommunismus (II)
Als ›Kapitalistischen Realismus‹ hat vor ein paar Jahren Mark Fisher »das weitverbreitete Gefühl« bezeichnet, »dass der Kapitalismus nicht nur das einzig gültige politische und ökonomische System darstellt, sondern dass es mittlerweile fast unmöglich geworden ist, sich eine kohärente Alternative dazu überhaupt vorzustellen.« Die Diagnose ist nicht neu, »das Ende der Utopie« nannte das bereits vor fast einem halben …

Freibaduniversität
September 2016
Vorankündigung: Kulturrevolution und Gesellschaftskritik (II).
Hinweis: In Erinnerung an Martin Büsser widmet sich die Freibaduniversität jedes Jahr im September historischen und aktuellen Aspekten der Popkultur als soziales Verhältnis.

Musik für junge Leute
Unterhaltung mit zwei jungen Frauen (in der Heidi-Klum-Sprache: »Mädchen«), sechzehn und siebzehn Jahre alt. Die Sommerferien beginnen, dazu finden einige Schulabschluss-Partys statt. Die beiden wollen am Abend tanzen gehen. Sie haben sich einen Club auf der Reeperbahn ausgesucht, der auf Facebook Werbung mit dem Versprechen einer »Großen Sause« macht. Was das bedeutet, hat sich offenbar über die letzten …

Ein postkonzeptuelles Konzept
»Die Schwierigkeit einer Ästhetik, die mehr wäre als eine krampfhaft neubelebte Branche, wäre, nach dem Ende der idealistischen Systeme: die Nähe des Produzierenden zu den Phänomenen zu verbinden mit der von keinem fixen Oberbegriff, keinem ›Spruch‹ gelenkten begrifflichen Kraft; verwiesen aufs begriffliche Medium, überschritte solche Ästhetik die bloße Phänomenologie von Kunstwerken.« – Adorno, ›Ästhetische Theorie‹ (GS Bd. 7, …

Dialektik im Stillstand
Walter Benjamins materialistische Kulturphilosophie expliziert den Versuch, die kapitalistische Gesellschaft, wie sie sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts darstellte, aus der spezifischen Logik des Modernisierungsprozesses des 19. Jahrhunderts heraus freizulegen. Das 20. Jahrhundert offenbarte schon in seinen ersten Jahrzehnten die barbarische Gewalt eines »Zeitalters des Exterminismus« (Edward P. Thompson); im Schatten des Ersten Weltkrieges, des Kolonialismus und der politischen Reaktion kündigte sich bereits der faschistische Terror an. Benjamin bestimmte die Ursachen in der spezifischen gesellschaftlichen Konstellation, den Ungleichzeitigkeiten, mit denen sich die Warenwirtschaft im 19. Jahrhundert durchsetzte: Paris erschien ihm aus besonderen Gründen als »die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts«; denn hier konzentrierten sich die widersprüchlichen Kräfte, die ökonomischen, politischen, technischen, kulturellen und sozialen, die mithin die Antagonismen der bürgerlichen Gesellschaft im Kern charakterisieren – dazu gehört auch die nur im Widerspruch realisierte Idee der Bildung. Auch wenn Benjamin keine systematische Bildungstheorie formuliert hat, sind seine kritischen kulturphilosophischen Explikationen bildungstheoretisch zu lesen und methodisch fruchtbar zu machen als Werkzeuge zur Analyse und Kritik gegenwärtiger Bildungsprozesse. In diesem Sinne spricht Benjamin selbst vom »pädagogischen Vorhaben« in seinem Passagen-Werk und präzisiert den Begriff der Bildung in seiner Bildbedeutung mit einem Zitat Rudolf Borchardts: »Das bildschaffende Medium in uns zu dem stereoskopischen und dimensionalen Sehen in die Tiefe der geschichtlichen Schatten zu erziehen.« (Benjamin)