Bildung und Politik nach der Postmoderne
Kritische Untersuchungen der gegenwärtigen Bildungsprobleme müssen von der Erklärung eines komplexen, wenn auch nicht komplizierten Tatbestandes ausgehen: Die Debatten über »die Krise des Kapitalismus« und über »die Bildungskrise« werden völlig disparat und unabhängig von einander geführt. Überdies sind diese Debatten je für sich in ihren Resultaten bisher gesellschaftlich vollkommen folgenlos geblieben – obwohl zu Themenblöcken geronnen, die seit Jahren die publizistische wie fachlich-akademische Öffentlichkeit bestimmen (so jedenfalls lässt sich das an den Bestseller-Listen ablesen, die seit einiger Zeit schon von Büchern über wahlweise Kapitalismus, Bildung, Erziehung etc., aber auch Politik allgemein und das Politische im Besonderen angeführt werden). Anders gesagt: Rezepte, die sich aus dem Begriffsfeld von Bildung, Pädagogik und Erziehung (und hinzusetzen kann man auch hier: Politik) bedienen, bieten für die aus und mit dem Kapitalismus erwachsenen Krisen keine Lösungen mehr; kurzum: es gibt keine Konzepte von Bildung, Pädagogik, Erziehung etc., die systemreformierend und systemstabilisierend den sozialen wie technologischen Anforderungen der kapitalistischen Gesellschaften genügen würden. Verschwunden ist mithin auch der Vorrat an Beiträgen einer »kritischen« Bildungstheorie und -praxis (Pädagogik, Erziehung etc.), die bisher, selbst wo sie radikal im emanzipatorischen Interesse formuliert worden sind, immer integrativ für den Kapitalismus dienstbar gemacht werden konnten; drastisch gesagt: kritische Bildungstheorie und -praxis haben gegenwärtig keine Relevanz für die allgemeinen und besonderen Probleme, die sich für das gesellschaftliche wie individuelle Leben der Menschen auf der Erde durch das allenthalben herrschende Kapitalverhältnis in einer Brutalität darstellen, die von Minute zu Minute über Tausende von Leichen geht und nach der schließlich die Existenz des Planeten selbst auf dem Spiel steht.
Weltgeschichte der Pädagogik
Ralf Koerrenz, Karsten Kenklies, Hanna Kauhaus, Matthias Schwarzkopf, ›Geschichte der Pädagogik‹, Reihe: UTB basics / Schöningh Verlag / UTB: Paderborn 2017, 322 S. kart. mit 75 Abb. Link zum Verlag: hier. (164)
Wir entdecken einen Stern
›Wir entdecken einen Stern‹ heißt dieses wunderschöne Kinderbuch, das von Hannes Hüttner geschrieben und Rainer Sacher illustriert im Berlin der DDR Anfang der achtziger Jahre verlegt wurde; und der Stern, der hier entdeckt wird, ist die Erde: »Die Erde ist ein Stern, der um die Sonne kreist« (der einzige Fauxpas in diesem Buch, da bekanntlich die Erde kein …
Bildung, Bildungstheorie (Notiz)
Was überhaupt heute, in aller Vielfalt, als Bildungsbegriff oder -begriffe, was an Überlegungen und Vorschlägen zu Bildung, Ausbildung, Schule und Beruf, Erziehung und Pädagogik etc. in die Debatte gebracht wird, ist ein Bestand, der in seinen verschiedensten Theorien bereits in den 1970er und 1980er Jahren festgestellt war. (Das hat zu tun mit: Postmoderne, freilich: Lyotard, ›Das postmoderne Wissen‹ …)
Virulent ist die Abgeschlossenheit von Bildungstheorien in Hinblick auf die Bildungspraxis: Was bedeuten Theorien auf dem Stand von 1980, wenn sie für das 21. Jahrhundert schlichtweg wiederholt werden? – Relevant ist das vor allem kritisch gerade für den Bereich kritischer Bildungstheorie (die auch insofern sich kritisch verstand, als dass sie – historisch-materialistisch – immer schon auf Praxis, ergo kritische Bildungspraxis orientiert war …): für Heydorn, für Schmied-Kowarzik u. a.
Die Geschichte der Kunst
Ernst H. Gombrich, ›Die Geschichte der Kunst‹, Phaidon Verlag: Berlin 2016, 1050 S. brosch. Kleine Ausgabe / »Erste deutsche Kompaktausgabe« Besser, kompakter, bündiger ist sie nicht zu haben: Die Geschichte der Kunst. Die erste Auflage erschien 1950. Es folgten zahlreiche weitere Auflagen, bis 1960 jedes Jahr eine, dann in kleinen Abständen erweiterte und überarbeitete Ausgaben, Übersetzungen in viele …
Hey Ihr Dreiecke!
Aufgepasst!
Es regnet Rechtecke!
Dieses wunderschöne Buch – ein Kinderbuch aus der Reihe der ohnehin wunderschönen Kinderbücher des Phaidon-Verlags* – ist heute mit der Post gekommen, und will alsbald besprochen sein! Allerdings ist Josef Albers nicht der Autor des Buches: Vielmehr ist er der Künstler (noch genauer: er und Studierende) der (die) hier mit Arbeiten vorgestellt werden; eine namentlich nicht erwähnte Person …
Kosmos
»Ich fange den Druck meines Werkes (des Werks meines Lebens) an. Ich habe den tollen Einfall, die ganze materielle Welt, alles was wir heute von den Erscheinungen der Himmelsräume, von den Nebelsternen bis zur Geographie der Moose auf den Granitfelsen wissen, alles in Einem Werke darzustellen, und in einem Werke, das zugleich in lebendiger Sprache anregt und das …
Die Zeiten, in denen man durch Film und Fernsehen etwas lernen kann, sind endgültig vorbei
Die Zeiten, in denen man durch Film und Fernsehen etwas lernen kann, sind endgültig vorbei. Überhaupt ist die Annahme einer pädagogischen oder bildungsmäßigen Medienspezifität eine Ideologie. Auch die Lektüre eines Buches macht an und für sich allein noch nicht klüger. Trotzdem trägt das, was seit einigen Jahrzehnten im erziehungswissenschaftlichen Jargon operationalisiert »Lese-Kompetenz« genannt wird, durchaus zum je individuellen »Lernen« bei: Wer lesen kann, hat in dieser Welt einen Vorteil. Fraglich allerdings, ob dieser Vorteil bildungsrelevant ist, nämlich relevant in Hinblick auf Selbstermächtigung und Emanzipation des Subjekts (zu erinnern ist in diesem Zusammenhang Ivan Illichs altes Interventionsplädoyer für die Entschulung der Gesellschaft; er kritisierte etwa die gut gemeinten Alphabetisierungskampagnen in Latein- und Mittelamerika, sie würden traditionelle Strategien der Selbst- und Weltaneignung verdrängen und damit stabile Sozialbindungen zerstören …). Film und Fernsehen haben die Menschen unterm Strich weder dümmer noch klüger gemacht; und sicher gibt es im Kino und TV viel Dummes, ebenso auch Gutes (und manche sagen hier: viel Gutes).
Indes: Aus einem Buch für sich Momente der Selbstbildung zu gewinnen, setzt Lesen (»Lese-Kompetenz«) nicht zwingend voraus. Edward P. Thompson hat in seiner Großstudie ›The Making of the English Working Class‹ (1963) darauf hingewiesen, dass es im neunzehnten Jahrhundert in Proletarierhaushalten – nebenbei: das sind Haushalte, wo mehrere Familien in kleinen Wohnungen zusammen hausen – durchaus üblich war, etwa Karl Marx’ ›Das Kapital‹ in der Küche im Regal stehen zu haben. Lesen konnten die wenigstens, wer es konnte, las in den wenigen Stunden der Freizeit den anderen vor; was drin steht in diesem Buch, wusste man mithin aus der Fabrik, erfuhr man tagtäglich am eigenen Leib. Allein zu ahnen, dass hier aber erklärt wird, warum das Leben in Manchester, Liverpool, London etc. so ist wie es ist, war initial für die Lektüre des Buches, auch wenn man es selber gar nicht lesen konnte.