
Eine Pädagogik der Hoffnung
»Hoffnung« bestimmte Paolo Freire noch 1996, wenige Monate vor seinem Tod, »als Grundcharakter der Erziehung«; begriffen ist das »im Prozess der Entstehung menschlicher Existenz«, in der »existenziellen Erfahrung«, in der sich der Mensch als »soziales Wesen« erkennt, »das sich seines Seins in der Welt bewusst wird, womit es in eine Präsenz in der Welt übergeht«. Weiter heißt es: »Die Matrix der Hoffnung, ist die gleiche wie die der Erziehbarkeit des menschlichen Wesens: die Unfertigkeit seines Wesens, das bewusst geworden ist.« Eine Pädagogik der Hoffnung führt so zum »Eingreifen, das Sich-Einbringen in die Welt …, um die Welt zu verändern, um sie weniger hässlich und menschlicher, gerechter, anständiger zu machen … Und genau deswegen ist die Hoffnung notwendiger Teil meiner existenziellen Erfahrung, der radikalen Form, Präsenz in der Welt zu sein.« – Unverkennbar sind hier die Motive, die an Jean-Paul Sartre ebenso erinnern wie an Siegfried Bernfeld, die an Martin Buber ebenso erinnern wie freilich und offenkundig an Ernst Bloch: Sein Spätwerk über das ›Experimentum Mundi‹ aus den 1970er Jahren, vor allem in seiner praxisphilosophischen Konsequenz, kommt ebenso in den Sinn wie ›Der Geist der Utopie‹ (in beiden Fassungen ), und sowieso ›Das Prinzip Hoffnung‹.
Blochs Philosophie der Hoffnung ist durch und durch pädagogisch geprägt, auch wenn keine dezidiert pädagogische Monografie vorliegt – abgesehen von der kleinen Sammlung ›Pädagogica‹ von 1971 . Inwiefern zu recht auch bei Bloch von einer Pädagogik der Hoffnung gesprochen werden kann, ja muss, hat (ebenfalls 1996) Friedhelm Zubke herausgearbeitet (das dann wiederum im auch theologischen Bogen mit und über Hans-Jochen Gamm, und übrigens mit grundlegendem Bezug zu Paulo Freire).
Was bei Freire existenziell, ja existenzialistisch gedacht ist, ergänzt Bloch dialektisch mit einer docta spes, nämlich einer begriffen-gelehrten Hoffnung, einer Hoffnung also, die sich pädagogisch an dem berichtigt, was objektiv-real möglich ist. So erwächst aus der Pädagogik der Hoffnung heraus die konkrete Utopie: Sie durchbricht jegliche bürgerliche Pädagogik, die lernende Subjekte nur als vereinzelte Objekte behandeln kann (weil hier nicht vergessen wird, dass die Erzieher selbst erzogen sind – und sich im pädagogischen Prozess auch noch weiter selbst erziehen FN Bernfeld: nicht zuletzt, weil das »innere Kind« da ist; vor allem aber, weil eine Pädagogik der Hoffnung nur von Subjekten ausgehen kann und von Subjekten »gemacht« wird – indem sich die Subjekte selber machen) Insofern )Dagegen hat eine Pädagogik der Hoffnung als Ausgangs- und Leitmotiv etwa den Eingangs-Dreisatz aus der ›Tübinger Einleitung in die Philosophie‹: »Ich bin. Aber ich habe mich nicht. Darum werden wir erst.« Eine Pädagogik der Hoffnung ist ein solidarisches Unterfangen, eine Praxis des »realen Humanismus« (Marx & Engels), womöglich schon ein entscheidender Schritt »wirklicher Bewegung« (wieder Marx & Engels). Wie das umgesetzt werden kann, hat bekanntlich Freire in seiner ›Pädagogik der Unterdrückten‹ als, mit und in Aktionsforschung ausgeführt.

Optimierung versus Spontaneität
Absichten und Verfahren der Optimierung gehören zu den arbeitswissenschaftlichen Bestrebungen, Produktionsabläufe der kapitalistischen Fabrik effizienter und effektiver zu gestalten; Frederick Winslow Taylor hat solche Optimierung auf die Formel eines »one best way« gebracht. Überdies ökonomisch erfolgreich waren zeitlich, in den 1920er Jahren, die Produktions- und Betriebsorganisation in den Ford Automobilwerken (Einführung des Fließbandes und daran orientierte Taktung der Arbeit, zugleich Lohnerhöhung, unternehmensgebundene Freizeitangebote für Arbeiter etc.). Schnell hatten sich Taylorismus und Fordismus als Schlagworte solcher betriebswirtschaftlichen Optimierungen etabliert, die ohnehin mit allgemeineren gesellschaftlichen Prozessen verbunden waren, die ebenfalls als Optimierungen zu fassen sind: Stichhaltig sind hierfür die soziologischen Analysen Max Webers zu Bürokratisierung und Rationalisierung sozialer Verhältnisse; überdies etablieren sich Strategien gesellschaftlicher Optimierungen in den USA mit dem Behaviorismus. Solche Optimierungen nicht nur allein zur Stabilisierung der bestehenden Sozialstrukturen, sondern vor allem auch zu ihrer Verbesserung im Sinne einer Humanisierung ausprobiert zu haben, ist das Verdienst John Deweys; gerade seine pädagogischen Experimente in dieser Hinsicht sind bekannt und bieten nach wie vor Handlungsorientierung für die noch immer nötige Demokratisierung der Schulen insbesondere und der Bildungsinstitutionen allgemein.
Was Optimierung allerdings unterstellt und voraussetzt, sind Konzepte, die – wie der Begriff Optimierung selbst auch – zur »technologischen Rationalität« (Herbert Marcuse) gehören, nämlich »Funktion«, »Norm«, »Standard«, später auch »Steuerung« (im Sinne der Kybernetik).
Kritisch ergibt sich daraus für eine Pädagogik, die solche Ideen der Optimierung in ihre pädagogische Praxis implementieren will, die einfache Frage: »Ist der Mensch messbar?« Dass der Mensch indes messbar ist, gehört allerdings affirmativ bereits zur Forschungsvoraussetzung und wird zugleich mit den entwickelten Messverfahren bestätigt – man denke etwa an die Intelligenztests sowie Clara und William Sterns Einführung des Intelligenzquotienten noch vor dem Ersten Weltkrieg.
»Ist der Mensch messbar?« war die Leitfrage des Darmstädter Gesprächs 1958; die Tagungsbeiträge wurden 1959 veröffentlicht. Als Diskussionsteilnehmer und Referent bei der Tagung war u.a. Ulrich Sonnemann; er veröffentlicht zehn Jahre später seine ›Negative Anthropologie‹.
Sonnemann, der selbst an der Entwicklung und Prüfung psychologischer Tests beteiligt war, entwickelt hier, also bereits in den 1950er und 1960er Jahren gegen die Ideologie der Optimierung eine kritische Theorie der Spontaneität. Sie ist – nicht nur angesichts eines gegenwärtigen eher unbedarft wirkenden Optimierungsdiskurses – pädagogisch wie über die Pädagogik hinaus in historischer und systematischer Rekonstruktion eben der Sonnemannschen ›negativen Anthropologie« zu aktualisieren. Aus Anlass der Veröffentlichung der ›Negativen Anthropologie‹ versucht der Vortrag überhaupt die Stellung Ulrich Sonnemanns für die (kritische) Pädagogik zu beleuchten.

Spektakel, Nihilismus, Dschungelcamp, Gegenwartskunst, Selfies, Ende
Eine These schon einmal gleich vorweg: Die kritische Theorie der Kulturindustrie, die Adorno zusammen mit Horkheimer in der ›Dialektik der Aufklärung‹ unter Bedingungen der U.S.-amerikanischen Massendemokratie und mit Blick auf diese entfaltet hat, ist keine Kulturkritik, sondern das, was kritische Theorie ohnehin ist: radikale Gesellschaftskritik. Radikal ist sie im Sinne des berühmten Marxwortes vom An-die-Wurzel-Gehen, was der Mensch …

Funktionalismus gestern
In der kapitalistischen Klassengesellschaft ist der Funktionalismus von Anfang an mit dem Widerspruch behaftet gewesen, sofern nach seinen Maßgaben versucht wurde, eine Gesellschaft zu funktionalisieren, die strukturell gar nicht funktionalisierbar ist.

Das freie Radio in der verwalteten Welt
Der Rundfunk als Kommunikationsapparat ist ein Apparat der verwalteten Welt – in aller medialen Ambivalenz einer Dialektik der Aufklärung: Das Radio ist eine Propagandamaschine, aber auch ein Gerät der Subversion; das Radio stellt Öffentlichkeit als Ideologie her – und irritiert diese Öffentlichkeit, attackiert die Ideologie. Die verwaltete Welt ist dadurch charakterisiert, dass die Politik bzw. das Politische aus …

Das Unvermögen der Realität
Die ästhetische Kritik der Modernen Kunst konterkariert die soziale Kritik der politischen Bewegungen …

Das Trostlose in der Popkultur?
Beim Popkongress 2014 haben Christoph Jacke und ich zum Tagungsthema »Zwischen Emergenz und Strategie. Managing Popular Culture?« über »Das Trostlose in der Popkultur?« (hier: PDF) gesprochen. (35)

Kritik, Wahrheitsgehalt, Erkenntnischarakter
Kritik, Wahrheitsgehalt, Erkenntnischarakter. Anmerkungen zu Adorno und Kunst.