
Reifungsprozesse
Donald W. Winnicott, ›Reifungsprozesse und fördernde Umwelt‹, aus dem Englischen von Gudrun Theusner-Stampa, mit einem Vorwort von M. Masud R. Khan, Psychosozial-Verlag: Gießen 2020 (3. Aufl.), 378 S. brosch. Von der Verlagsseite: »Donald W. Winnicott erkannte als einer der ersten Psychoanalytiker die Bedeutung der frühen Mutter-Kind-Beziehung für die psychische Entwicklung des Kindes. In den hier versammelten Abhandlungen aus …

Familie und individuelle Entwicklung
Winnicott veröffentlichte diesen Band 1965, der in der englischen Originalausgabe denselben Titel wie die deutsche Übersetzung trägt: ›The Family and Individual Development‹. 1978 erschien die deutsche Übersetzung aus dem Englischen von Gudrun Theusner-Stampa im Kindler-Verlag, München. Jetzt, 2017, erscheint im Gießener Psychosozial-Verlag der unveränderte Nachdruck als Neuauflage. (Fortsetzung folgt …) (25)

Psychoanalyse
Der vierte Band unter der schlichten Überschrift ›Psychoanalyse‹ ergänzt die drei unter demselben Titel (zusammen) erschienenen Bände, die auf 1244 Seiten »Aufsätze zu epistemologischen und sozialpsychologischen Fragen sowie zu den theoretischen und therapeutischen Konzepten« versammeln (erschienen ebenfalls im Psychosozial-Verlag 2011/2013). (108)

Die schönste Stadt der Welt in schwarz
Michele Avantario & Klaus Sieg, Fotos von Thomas Henning, ›Das schwarze Hamburg-Buch: Mord, Skandal, Gewalt und Schrecken in der schönsten Stadt der Welt‹, Junius Verlag: Hamburg 20916, 176 S. mit ca. 100 s/w-Abb., Hardcover. (29)

Der Surrealismus im letzten Jahrhundert – Kunst, Politik und Erotik einer bürgerlichen Revolte
Walter Benjamin betrachtete den Surrealismus als »die letzte Momentaufnahme der europäischen Intelligenz«, die sich im Paris der 20er Jahre als Kunstbewegung formierte. Diese Bewegung kommt aus der Literatur, genauer: Der erklärte Niedergang der großen Formen bürgerlicher Literatur, die einmal für die geistige Stärke des bürgerlichen Selbstbildes verantwortlich waren, brachte im Augenblick seiner Krise den Surrealismus hervor. Von diesem Augenblick zeugt Benjamins Aufnahme, die eine künstlerische und soziale Krise gleichermaßen freigibt: Es ist die Krise des »humanistischen Freiheitsbegriffs«, die Idee der bürgerlichen Emanzipation, die im Kolonialismus und im imperialistischen Weltkrieg sich ruinierte, aber in der künstlerischen Avantgarde der Moderne ihren letzten, möglichen Aufbruch fand: Die Kunst sollte ihrer Totenstarre entrissen, ins Leben gebracht und selbst zur Lebenspraxis verwandelt werden. So schreibt Benjamin: »Hier wurde der Bereich der Dichtung von Innen gesprengt, indem ein Kreis von engverbundenen Menschen ›Dichterisches Leben‹ bis an die äußersten Grenzen des Möglichen trieb« (Gesammelte Schriften, Band II.1, S. 296).

»Im Handgemenge mit der Wirklichkeit bleiben«
»Es gibt kein richtiges Leben im falschen«, heißt es prägnant und bekannt in Theodor W. Adornos ›Minima Moralia‹, seiner Sammlung von »Reflexionen aus dem beschädigten Leben«. Adorno emigrierte, lebte seit 1938 in den USA, zunächst in New York, dann in Los Angeles. Als er an den ›Minima Moralia‹ arbeitete, war er kurz über vierzig Jahre alt. In Deutschland regierte der Terror, mittlerweile als gesellschaftliche Normalität eines durch und durch faschisierten Alltags.
Gut zwei Jahrzehnte jünger als Adorno ist Peter Brückner: 1922 in Dresden geboren, in bürgerlichen, wenn auch bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen, »gebildeter Mittelstand am Rande der Verarmung«: der Vater Mathematiker, Ingenieur, seit 1929 arbeitslos, auch nach 1933 keine Ambitionen, eine feste Anstellung zu bekommen; die Mutter Konzertsängerin – Engländerin und Jüdin, was aber den Nazis gegenüber verheimlicht werden konnte; sie ging im Frühjahr 1936 zurück nach England. Als Kind war Peter oft alleine, wurde rebellisch und schlecht in der Schule, stromerte herum. Im Winter 1935 drohte Fürsorgeerziehung: ein »geborener Dissident«, der schnell eine »anarchische Lust des Abseits« entwickelte, so Peter Brückner später im Rückblick. Als Jugendlicher verbrachte er einige Jahre in einem Internat in Zwickau; im Sommer 1939 flog er dort raus, kam zurück nach Dresden, wieder auf das dortige Realgymnasium. Der Siebzehnjährige findet Kontakt zu Kommunisten im Untergrund, liest viel. »Wer das Nichtstun ebenso wie die Arbeit scheut, findet leicht zum Buch«, notiert er später in seinem autobiografischen Essay ›Das Abseits als sicherer Ort‹.