Umstände, mildernde
»Kritik rechtfertigt ihren Gegenstand allein schon durch die Hoffnung, die sie in seine Veränderbarkeit setzen muss. Veränderbar aber ist das gesellschaftliche Verhältnis nur unter der Bedingung, dass sein falscher Zustand auf einen Grund zurückgeführt werden kann, der von ihm selbst noch einmal verschieden ist: Auf ein besonderes Verhältnis der Menschen nicht zueinander, sondern zur Natur. Sonst müssten sich die Menschen wie Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, wenn sie ihr Verhältnis zueinander vernünftig einrichten wollen.
Der für jede Gesellschaftstheorie konstitutive Widerspruch, dass die Menschen nicht Subjekt ihrer eigenen Geschichte sind und gleichzeitig dies doch sein könnten, ist auflösbar nur durch die Konstruktion eines von den Menschen zunächst unabhängigen, aber von ihnen veränderbaren objektiven Grundes, der für das falsche Verhältnis der Menschen zueinander ursächlich verantwortlich ist.
Das Subjekt muss sich gleichsam auf höhere Gewalt berufen, wenn es noch keines ist und doch die Möglichkeit beansprucht, eines zu werden. Und keine Gesellschaftstheorie, die immer jene vernunftlose Sequenz von Katastrophen, die man Weltgeschichte nennt, unter die Denkbestimmungen der Vernunft setzen muss – keine Gesellschaftstheorie kommt umhin, dem Angeklagten mildernde Umstände in Form von höherer Gewalt zuzubilligen.« – Wolfgang Pohrt, ›Theorie des Gebrauchswerts‹
Am Rande der Selbsterkenntnis
»So zaudern wir ewig am Rande der Selbsterkenntnis – nicht du und ich, aber Narkissos, Teiresias, Echo … Unsere Geschichte ist zu Ende, bevor sie angefangen hat.« – John Barth, ›Echo‹ (in: ›Ambrose im Juxhaus‹, deutsch von Susanna Rademacher, Reinbek bei Hamburg 1973, S. 106)
Glück
»Oh, Vanitas Vanitatum! Wer von uns ist glücklich auf dieser Welt? Wer von uns erhält, was er wünscht, oder wenn er es erhält, wer ist zufrieden? Kommt Kinder, wir wollen die Puppen in den Kasten schließen, denn unser Spiel ist aus.« – William M. Thackeray, ›Jahrmarkt der Eitelkeit‹ (deutsch von Mira Koffka, [Reinbek bei] Hamburg 1957, S. 481)
Abenteuer
»Jeder neue Film ist ein Abenteuer. (Nicht nur in ökonomischer Hinsicht!)« – Ingmar Berman
Der Schlaf der Vernunft
Lieschen: »Nicht mir, nicht mir!
Zu Hilfe kamen äußere Momente,
Doch alles dankst du lediglich am Ende
Dem eignen Selbst, das ernst und tief
Dir wieder ins Bewusstsein rief
Ihn, der vorübergehend schlief:
Kants kategorischen Imperativ.«
– Friedrich Theodor Vischer, ›Faust. Der Tragödie dritter Teil‹
Design
»[Die soziale] Funktion, die dem Design als Ausdruck von Schönheit und gutem Geschmack in (käuflicher Form) zukommt, es ist die billigste Weise, jedermann das Gefühl zu geben, er könnte über den ästhetischen Ausdruck des gesellschaftlich Besseren an diesem Besseren selbst teilnehmen – zum schönen Schein.« – Lothar Baier, ›Höhlengleichnis vom Supermarkt‹, in: ›Das Argument‹, Nr. 257 (2004), S. 739 (zuerst in der FAZ, 1972)
Wie man leben muss
»Ich bin kein Philosoph … Mich interessiert zu wissen, wie man leben muss. Noch genauer: Wie man leben kann, wenn man weder an Gott noch an die Vernunft glaubt.« – Albert Camus im Interview mit ›Servir‹ (20. Dezember 1945)