Sommersemester 2001: Einführung in die Theorien der Massenkultur

Einführung in die Theorien der Massenkultur – Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Gestaltung (Bereich Ästhetik)
Das Seminar fand als Blockseminar an zwei Wochenenden im Mai und Juni statt; Raum: Marienstraße 7.
Ist die Massenkultur bloß »Schund«, wie Adorno und Horkheimer meinten, oder befreit sie von den elitären Formen der bürgerlichen Hochkultur und setzt neue Weisen der Wahrnehmung um, bedeutet sie also eine Demokratisierung, wie etwa der Pragmatist Richard Shusterman argumentiert? Jedenfalls kann sich der moderne Mensch der Massenkultur nicht mehr entziehen; sie begleitet nicht nur unseren Alltag, sondern bestimmt auch unsere Bedürfnisse, unseren Geschmack, unseren Tagesablauf. »Massenkultur ist Psychoanalyse verkehrt herum« (Leo Löwenthal). Theoretiker wie Walter Benjamin sahen allerdings in den technischen Veränderungen eher die Chance einer grundsätzlich neuen Wahrnehmungsweise: durch die Künste, die die Massenkultur hervorbringt – Fotografie, Film, Magazine – erfahre der moderne Mensch überhaupt erst die Dimensionen seinen Lebens, erst die Massenkultur ermögliche einen adäquaten Zugang zu den Wandlungsprozessen der kapitalistischen Gesellschaft. In diesem Sinne versuchen auch die britischen Cultural Studies eine massenkulturelle Ästhetik stark zu machen. Weiterhin bleibt aber offen, ob der Begriff der Massenkultur nur in Abgrenzung zur sogenannten Hochkultur brauchbar ist, oder nicht geradezu ein paradigmatisch neues Stadium ›der‹ Kultur beschreibt – welches eventuell auch schon wieder überholt sein könnte: Kündigen eventuell die Subkulturen der letzten Jahrzehnte das Ende der Massenkultur an, oder bedeuten sie den »Mainstream der Minderheiten« (Holert / Terkessidis)?
Literatur:
Walter Benjamin: ›Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit‹ (versch. Ausgaben); das Kapitel »Kulturindustrie« aus: Theodor W. Adorno u. Max Horkheimer: ›Dialektik der Aufklärung‹ (versch. Ausgaben); Karl H. Hörnig u. Rainer Winter (Hg.): ›Widerspenstige Kulturen. Cultural Studies als Herausforderung‹, Frankfurt am Main 1999; Kaspar Maase, Grenzenloses Vergnügen. Der Aufstieg der Massenkultur 1850-1970, Frankfurt am Main 1985; Richard Shusterman, Kunst leben. Die Ästhetik des Pragmatismus, aus dem Amerikanischen übers. von Barbara Reiter, Frankfurt am Main 1994

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